Artikel in AIS-Studien Jahrgang 10, Heft-Nr. 2 (2017)

Nachhaltige Personalpolitik und die Vernutzung von Lebenskraft durch Selbstoptimierung

Sebastian Brandl, Ingo Matuschek

Zusammenfassung

Die Alterung der (Erwerbs-)Bevölkerung und die sich abzeichnenden Fachkräfteengpässe führen zu einer Entfaltung von Aktivitäten nachhaltiger Personalpolitik in Betrieben und Verwaltungen. Diese richten sich auf den Erhalt der Employability der Beschäftigten und greifen Aspekte nachhaltiger Arbeit auf. Zu beobachten ist, dass damit nicht nur ein erweiterter betrieblicher Zugriff auf das individuelle Leistungsvermögen erfolgt, sondern umfassend auf das Verhalten von Beschäftigten gezielt wird. Das gesamte Lebensarrangement und die individualökologische Selbstbestimmung der älter werdenden Beschäftigten geraten in den Fokus der Betriebe. Im Sinne einer ideologisierten Subjektivierung lässt sich der (gezwungenermaßen) mitgetragene Übergang von der Selbstsorge zur Selbstoptimierung als Vernutzung von Lebenskraft verstehen, mit der im Kern auf die optimierte Ware Arbeitskraft gezielt wird und Entsolidarisierungsprozesse in den Betrieben initiiert werden. Fraglich bleibt, inwiefern es Beschäftigten(-vertretungen) demgegenüber gelingt, Elemente nachhaltiger Arbeit in diesem Prozess zu verankern und z. B. Verhältnisprävention zu thematisieren.

Title (english)

Sustainable personnel policies and the exploitation of vitalities through self-improvement

Abstract (english)

The ageing of the working population and prospective shortages of skilled labour urge organizations to pursue a sustainable personnel policy, which aims at the preservation of employability based on principles of sustainable work. Directly addressing the behaviour of workers, this involves more comprehensive access to individual work capacities, and to the workers' private life and individual ecological self-determination. In terms of an ideological subjectivation, the (forced) shift from self-care to self-improvement can be interpreted as an exploitation of vitality, in core aiming at an optimized quality of labour power and an erosion of solidarity in organizations. In question is, if and how employees and works councils succeed in establishing elements of sustainable work, e. g. to pick prevention as a central theme.

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