„Ein Mensch mit einem Zeitgefühl, wie ihn die Erde noch nie gesehen hat“ – Eugen Rosenstock-Huessys zeitliche Soziologie des Industriearbeiters
Knut Martin Stünkel
Zusammenfassung
Der Beitrag widmet sich einem frühen Vertreter der Industriesoziologie und seiner Analyse der spezifischen Zeitlichkeit, welcher der moderne Industriearbeiter unterliegt. Nach dem Ersten Weltkrieg wendet sich der Rechtshistoriker Eugen Rosenstock-Huessy zunehmend soziologischen Fragestellungen zu, die ihren Ausgangspunkt in der konkreten Lebenswirklichkeit des Einzelnen nehmen. Der Kalkulationskalender der Industrie in seiner Gleichförmigkeit einer permanenten kalkulierbaren Gegenwart sorgt nach Rosenstock dafür, dass der einzelne Arbeiter in der Industrie das „lebendige Verhältnis“ zur Zukunft verliert, indem er sie nicht mehr als von ihm selbst gestaltbar empfindet. Dies hat gravierende Auswirkungen auf die Psyche und die Mentalität des Einzelnen, gegen die Rosenstock die Zeitlichkeit des Christentums zu mobilisieren sucht.
Title (english)
“A human being with a relation to time whom earth did not witness before” – Eugen Rosenstock-Huessys temporal sociology of the industrial worker
Abstract (english)
The article examines an early sociologist of industry and his analysis of the specific temporality the modern industrial worker is subject to. After the Great War, the historian of law Eugen Rosenstock-Huessy turned to sociological questions, taking his point of departure from the lived reality of the individual. To Rosenstock, Industry’s imputed calendar with its monotony of a permanent calculable present is the reason why the individual worker, not being able to shape his own future existence, loses his ‚living relation‘ to the future. To counter the grave effects on the psyche and the mentality of the individual worker, Rosenstock intends to activate the temporality of Christianity.