Artikel in AIS-Studien Jahrgang 16, Heft-Nr. 2 (2023)

Die Covid-19-Pandemie in der deutschen Automobil- und IT-Dienstleistungsindustrie. Auswirkungen auf Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen und die Restrukturierung der Wertschöpfungskette

Helena Gräf, Christina Teipen

Zusammenfassung

In diesem Beitrag wird untersucht, inwieweit das deutsche System der Arbeitsbeziehungen und der Industriepolitik die Reaktionen auf die Covid-19-Pandemie in der Auto- und IT-Dienstleistungsbranche beeinflusst hat. Der theoretische Bezugsrahmen nationaler Kapitalismusvarianten und industrieller Beziehungen wird mit der Forschung zu Governanceformen sowie Machtungleichgewichten Globaler Wertschöpfungsketten verknüpft. Das Ergebnis unseres auf ExpertInneninterviews basierenden explorativen Forschungsprojektes zeigt, dass gravierende kurz- bis mittelfristige Beschäftigungsreduktionen aufgrund interner Flexibilisierung und staatlicher Programme bis zum Frühjahr 2022 weitestgehend vermieden werden konnten. In der Automobilindustrie und insbesondere in Leitfirmen und bei größeren Zulieferern zeigt sich eine erweiterte korporatistische Krisenbewältigung, die durch stärkere staatliche Beteiligung und industriepolitische Intervention auf mehreren Politikebenen gekennzeichnet ist. Die Covid-19-Pandemie fungierte als „Transformationskatalysator“ für langfristige Trends wie die Elektromobilitätswende. In der florierenden, jedoch weniger korporatistisch geprägten IT-Dienstleistungsbranche kam es eher zu individuelleren und heterogenen Reaktionsweisen im Bereich der Arbeitsorganisation anstelle von beschäftigungspolitischen Maßnahmen basierend auf der strukturellen Macht der Beschäftigten sowie abhängig von vorhandenen Betriebsräten.

Title (english)

The COVID-19 Pandemic in the German Automotive and IT Services Industries. Impacts on Employment, Labor Relations, and the Restructuring of Value Chains

Abstract (english)

This article examines the impact of the German system of labor relations and indus-tryal policy in responding to the Covid-19 pandemic in the automotive and IT services industries. Theoretically, our exploratory research combines Varieties of Capitalism with gover-nance and power imbalances in Global Value Chains. Based on expert interviews, we found that internal flexibilization and government programs until spring 2022 prevented significant short- to medium-term employment reductions. In the automotive industry, particularly in lead firms and major suppliers, corporatist crisis management expanded via increased state involvement and industrial policies at multiple policy levels. The Covid-19 pandemic served as a “transformation catalyst” for long-term trends such as the shift to electromobility. In the flourishing but less corporatist-oriented IT services industry, individual and heterogeneous responses in terms of work organization, rather than employment policies, prevailed based on the structural power of employees and were dependent on the presence of works councils.

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