Die Kategorie „Geschlecht“ im Krisendiskurs und politischen Krisenmanagement
Alexandra Scheele
Zusammenfassung
Der Beitrag rekapituliert zunächst den medialen Diskurs zur Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und analysiert, wie dieser auf die Kategorie „Geschlecht“ Bezug genommen hat. Es wird deutlich, dass Journalisten zwar häufig „Geschlecht“ als Erklärungsvariable bei der Interpretation der Ursachen und Folgen der Krise heranziehen, dabei jedoch häufig auf bekannte Stereotype zurückgreifen. Damit verbunden ist – so die These – nicht nur eine starke Individualisierung von strukturellen Problemen, sondern auch die Gefahr, dass andere gesellschaftliche Ungleichheitsdimensionen ausgeblendet bleiben. Die anschließende Untersuchung des politischen Krisenmanagements zeigt, dass auch diese nicht frei ist von den in der Presse formulierten Annahmen über Geschlecht und bestehende, in Arbeits- und Produktionsverhältnissen eingelagerte geschlechterkulturelle Leitbilder, weshalb – so die weitere Argumentation – Alternativen in Richtung eines geschlechtergerechten und ökologischen Konjunkturprogramms keine Berücksichtigung fanden. Darüber hinaus wird kritisiert, dass die unterschiedliche Wirkung der Konjunkturprogramme und Konsolidierungsmaßnahmen auf Frauen und Männer von den politischen Akteuren weder ex ante noch ex post analysiert wurde.
Title (english)
Abstract (english)
The paper analyses the media discourse on the financial and economic crisis in 2008/2009 as well as the state’s responses to the crisis regarding its gendered di-mensions. It becomes evident that many comments in newspapers are made on the link between the level of testosterone and the tendency to risk taking among those who gamble at stock-markets. This is connected with the question whether a crisis might have been averted if more women had held leading positions of large invest-ment banks or in regulating bodies. The author argues that the use of gender stereo-types in the media discourse not only tends to individualize structural causes and problems of the current (financialised) economy but also ignores other than gendered social inequalities. The further analysis of the state’s responses indicates that these are also referring to particular images about gender and the gendered division of labour. Therefore it is not surprising that neither economic alternatives which might increase gender equality nor a sufficient gender (budget) analysis were part of the policy programs.